Heimatverein Roßwag e.V.
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Die Geschichte der G·O·R

Die Anfänge

Die Geschichte der »Gemeinschaft Ortsbild Roßwag« beginnt in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre.
Wie viele andere Dörfer befand sich Roßwag damals in einen tiefgreifenden Umbruchsprozeß. Der rasche wirtschaftliche Aufschwung nach dem Krieg ließ überall um die alten Dörfer neue Siedlungsgebiete entstehen. Zurück blieben in den alten Ortskernen die Generation der alten Bewohner. Immer mehr Häuser und Scheunen in den alten Ortszentren blieben leer, nachdem die Bewohner verstorben waren. Für Roßwag wie für viele andere Dörfer war die künftige Entwicklung abzusehen. Die verlassenen Häuser, soweit sie dem wachsenden Verkehr im Weg waren, würden abgerissen, die anderen, soweit es sich lohnte, modernisiert und an die neue Zeit angepaßt werden.

Daß die Entwicklung in Roßwag etwas anders verlief, daß die gewachsenen Strukturen in dem kleinen Weindorf an der Enz noch vergleichsweise gut erhalten geblieben sind, hatte zunächst ganz individuelle Gründe. Christoph Brudi, Jahrgang 1938, aufgewachsen in Stuttgart, hatte als junger Kunststudent bei seinen Besuchen in Roßwag in den 1950er Jahren früh seine Liebe zu den alten malerischen Häusern und der noch weitgehend intakten ländlichen Umgebung entdeckt. Er bezog eines der leeren alten Häuser und machte zugleich massiv Werbung in seinem Bekanntenkreis für die idyllischen, aber ziemlich heruntergekommenen Roßwager Fachwerkhäuser, die billig zu haben waren, aber einen großen Renovierungsaufwand erforderten. In relativ kurzer Zeit fanden sich in Roßwag einige mutige Neubürger mit ihren Familien ein, darunter nicht weniger als vier Architekten, die das Wagnis mit diesen alten Häusern auf sich nahmen.

Die politischen Gremien hatten allerdings andere Vorstellungen von der dörflichen Entwicklung. Ziel war das verkehrsgerechte Dorf und die Beseitigung der Hindernisse, die dem im Wege waren. Die »neuen« Roßwager sahen durch diese Entwicklung ihre Pläne und Wünsche in Gefahr. Ihre Zukunftsvorstellungen vertrugen sich nicht mit einem Roßwag, das zu einem Allerweltsdorf zu werden drohte. Ab Mitte der 1970er Jahre traf man sich regelmäßig mit dem Ziel, auf die Roßwag betreffenden Planungen Einfluß zu nehmen. 1978 wurde dann die »Gemeinschaft Ortsbild Roßwag« gegründet und am 11. Mai 1978 zur Eintragung ins Vereinsregister angemeldet. Erster Vorsitzender war Christoph Brudi.

Der neue Verein mischte sich ein. Er machte sich zunutze, daß es durch die Verwaltungsreform zwar neue Zuständigkeiten, aber zunächst nur bedingt funktionierende Verwaltungsstrukturen gab - die Ortschaftsräte entstanden in Vaihingen erst ab 1982. In einer interner Link Dokumentation hatte der neue Verein einige Schwerpunktthemen vorgestellt. Im innerörtlichen Bereich ging es beispielsweise um die Anpassung der Straßenbeleuchtung an das Ortsbild, die Problematik eines im Bereich des Steinbruchs Zimmermann geplanten Makadamwerkes und im Zusammenhang damit die Verkehrssituation vor allem in der engen Ortsdurchfahrt, die Gestaltung des Parkplatzes an der Enz und der Kreuzung Manfred-Behr-Straße / Rathausstraße, wo am Rand des alten Ortskerns die Zufahrtsstraßen aus Vaihingen und Aurich aufeinandertreffen. Außerhalb des Ortes sah die G·O·R Handlungsbedarf bei der Umgestaltung des Pumphäuschens im Enztal. Dazu kam die Idee, den Roßwager Altarm der Enz zu renaturieren.

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Das Pumphäuschen in der Enzaue

Das in den 1960er Jahren gebaute Pumpwerk, welches das Wasser der Pfingstweide-Quelle in das Wasserleitungsnetz einspeist, präsentierte sich als häßlicher Betonklotz in der ansonsten malerischen Roßwager Enzaue. In der "Nullnummer" (Heft 0) der interner Link Mitteilungen legte die G·O·R Pläne mit Vorschlägen zur Umgestaltung vor: Das Bauwerk sollte zur Verschönerung wenigstens ein Walmdach bekommen. Dies wurde Anfang der 1980er Jahre realisiert.

Pumphaus-alt
Pumphäuschen mit einretuschiertem Dach
Pumphaus
Pumphäuschen 2015

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Die erste Enzputzete in Roßwag

Enzputzete zu Fuß
Enzputzete 1980: zu Fuß...
Enzputzete mit dem Boot
... und mit dem Boot

Seit 1980 haben wir jährlich die Enzufer vom angeschwemmten und weggeworfenen Unrat gereinigt. Bei der ersten Aktion hat uns das Technische Hilfswerk mit einem Boot unterstützt. Seit 1984 ist die Markungsputzete eine gemeinsame Aktion der Roßwager Vereine.

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Renovierung des alten Friedhofshäusles 1982/83

Arbeit am Totenhäusle
Arbeit am Totenhäusle 1982
Dachhahn
demolierter Dachhahn

Das Roßwager Totenhäusle von 1596 zeigte sich um 1980 ziemlich altersschwach und bedurfte dringend der Renovierung.
Die G·O·R ergriff die Initiative. Es gelang, das Gebäude in die Denkmalliste eintragen zu lassen und so den Bestand zu sichern. Man organisierte die Renovierungsarbeiten und legte auch selbst Hand an. Der Dachstuhl wurde teilweise erneuert, das Dach neu gedeckt und der Anstrich saniert.
Auch der Hahn auf dem Dach, der nach Kriegsende von den einrückenden fremden Truppen offenbar als Zielscheibe mißbraucht worden war, wurde erneuert.

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Renaturierung des Enzaltwassers

Altwasser-Plan
Altwasser-Planung


Eines der wichtigsten Projekte für die G·O·R war zweifellos die Renaturierung des Roßwager interner Link Altwassers. Entstanden nach zwei Korrektionen der Enz in den Jahren 1839 und 1847, war das Gebiet durch Ablagerungen von Bauschutt nach dem Zweiten Weltkrieg praktisch zur Müllhalde verkommen. Bereits in der oben erwähnten "Nullnummer" (Heft 0) der interner Link Mitteilungen vom Ende der 1970er Jahre haben wir unsere Vorstellungen von der Renaturierung und der Abgrenzung des Gebiets vorgelegt.

Ein wichtiger Schritt zum Schutz des Altwasser war 1984 die Ausweisung als interner Link Naturschutzgebiet gemeinsam mit der Roßwager Enzaue und dem Roten Rain

In zwei Bauabschnitten 1984/85 und 1987/88 wurde das ehrgeizige Projekt realisiert dank wohlwollender Unterstützung durch die Obere Naturschutzbehörde und tätiger Hilfe durch einheimische Firmen. Im ersten Bauabschnitt im Winter 1984/85 wurden im ortsnahen, nördlichen Teil Altablagerungen entfernt und Teichketten angelegt. Im Winter 1987/88 entstanden weitere Teiche im südlichen Teil im Bereich des Auwäldchens.

Ein ausführlicher Bericht über die Baumaßnahmen ist in Heft 6 der interner Link Mitteilungen zu finden.


Altwasser
Altwasser (April 2015)


Heute präsentiert sich das Roßwager Altwasser als Beispiel für eine gelungene Renaturierung und bietet ein Quartier für viele Tier- und Pflanzenarten. Ein solcher Naturraum bringt allerdings auch Unvorhergesehenes mit sich: Beim Anlegen der Teichkette war noch nicht abzusehen, daß das Indische Springkraut sich dort breitflächig ausbreiten würde. Wir haben uns deshalb in zahlreichen interner Link Aktionen seit 2006 bemüht, das Zuwuchern des Altwassers mit diesem Neophyten einzudämmen.

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Pflegeaktionen am Roten Rain

Linck: Roter Rain
Enztal um den Roten Rain
(aus: Otto Linck, Der Weinberg als Lebensraum, Öhringen 1954)
Roter Rain
Pflegeaktion am Roten Rain 1989


In alten Abbildungen, wie sie z.B. in dem bekannten Buch von Otto Linck über den "Weinberg als Lebensraum" zu finden sind, stellt sich der Rote Rain als karger, wenig bewachsener Hang dar. Kein Wunder, schließlich wurde er jahrhundertelang als Weide für Schafe und Ziegen genutzt.

Mit der Aufgabe dieser Nutzung begann der Hang mehr und mehr zu verbuschen, und bald siedelten sich die ersten Kiefern an. Dann wurde das Gebiet 1984 gemeinsam mit der Roßwager Enzaue unter interner Link Naturschutz gestellt. Von dem amtlich festgelegten Schutzzweck der Verordnung: "Erhaltung der Steppenheidevegetation" war allerdings nicht mehr viel zu erkennen. Deshalb machte sich die G·O·R gemeinsam mit dem BUND Vaihingen daran, den Roten Rain von den aufgewachsenen Bäumen und Sträuchern zu interner Link befreien. Seit 1990 wird die Pflege im Auftrag der Naturschutzbehörde weitergeführt.

Heute wird der Rote Rain wieder beweidet, wegen der extremen Neigung des Geländes vor allem mit Ziegen.

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Ulmen-Pflanzaktion

Ulmen
Ulmenpflanzung 1991


Bereits in Heft 0 der interner Link Mitteilungen (der "Nullnummer") machte sich die G·O·R Gedanken über die Aufwertung des Parkplatzes an der Flößerstraße: Ein Baum, vielleicht eine Linde, sollte im südlichen Zwickel des Platzes gepflanzt werden.

Im Winter 1991 war es dann soweit. Statt einer Linde haben wir uns für gleich drei Ulmen entschieden. Wichtig war dabei die Resistenz gegen den Ulmensplintkäfer (zwei Jahre zuvor, 1989, war die berühmte, von Ludwig Uhland besungene Ulme zu Hirsau diesem Schädling zum Opfer gefallen).

Heute bildet die Ulmengruppe einen angemessenen Hintergrund für den 2014 errichteten interner Link Flößerbrunnen.

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Gestaltungssatzung für Roßwag

Teilbereiche
Fassaden


Viele Jahre lang gab es für Roßwag wie für viele Dörfer keine verbindlichen Bauvorschriften für den alten Ortskern. Auf unsere Initiative wurde dann von 1999 bis 2001 unter Federführung der Vaihinger Bauplanungs-Abteilung mit Stephan Sure in Zusammenarbeit mit Paul Sickert von der G·O·R die Gestaltungssatzung für Roßwag erstellt.

Hier zeigen wir den Gültigkeitsbereich der Satzung und einen Plan der zu erhaltenden Fachwerkfassaden. Der gesamte Text samt Bildern ist auf der externer Link Internetseite der Stadt Vaihingen zu finden.

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Fazit

Seit ihrer Gründung lebt die G·O·R mit dem Makel, ein Verein für »Reingschmeckte« zu sein. Schon bei der Gründungsversammlung 1978 war nur ein Drittel der 17 Unterzeichner »echte« Roßwager. Die anderen – Neubürger jeglicher Couleur – waren immer in der Mehrheit, was ein gewisses Mißtrauen der Einheimischen gegen die G·O·R und ihre Aktivitäten begründete und teilweise über die ganzen Jahre wachhielt. Dies mag dazu beigetragen haben, daß die G·O·R nie zu einem mitgliederstarken Verein wurde. Aber auch andere Gruppierungen, die sich mit so spröden Themen wie Umweltschutz, Denkmalschutz, Ortsgeschichte beschäftigen, müssen sich mit einem eher moderaten Mitgliederzulauf begnügen. Die Arbeiten werden jedoch weitergeführt, weil die Aktiven Spaß daran haben. Wenn auch mit der Zeit das Durchschnittsalter der Vereinsmitglieder zunimmt, hat es keineswegs den Anschein, als ob die Zeit der G·O·R bald abgelaufen sei. Solange es sinnvoll und notwendig erscheint und obendrein noch Freude macht, geht das Vereinsleben munter weiter.

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Eine Zusammenfassung unserer Vereinsgeschichte, veröffentlicht in Band 13 (2011) der Schriftenreihe der Stadt Vaihingen an der Enz, finden Sie hier als .pdf-Download.

(nach oben) © 2023 Heimatverein Roßwag e.V. -- zuletzt geändert am 24.03.2023